In diesem Artikel erfährst du, was Achtsamkeit ist und welche Vorteile es für dein Kind und dich bringt, achtsamer zu leben. Du lernst verschiedene Achtsamkeitsübungen kennen und wie du den achtsamen Umgang leicht in euren Familienalltag unterbringst. Dieser Artikel ist für Einsteiger gedacht, die sich langsam dem Thema widmen wollen. Bist du schon weiter und interessierst dich nur für bestimmte Punkte, dann nutze das Inhaltsverzeichnis und springe direkt zum Abschnitt.

Ach, ich erinnere mich noch gut an meine Kindheit. Ohne Internet, Mobiltelefone und frei von der ständigen Ablenkung digitaler Medien. Wir kletterten auf Bäume, spielten Fangen und klingelten beim anderen an der Tür, wenn wir uns sehen wollten. Es war eine wundervoll analoge Zeit.

Heute ist es anders. Jon Kabat-Zinn beschreibt das heutige Leben als digitale Welt, mit der wir uns in rasanter Geschwindigkeit auseinandersetzen müssen. Es sei eine Welt voller wunderbarer Möglichkeiten, die doch schnell zu Zerstreutheit und Körperferne führt.

Kinder von heute haben fast unbegrenzte Möglichkeiten. Sie können im Grunde alles werden, was sie wollen und theoretisch 24 Stunden, sieben Tage die Woche auf Inhalte zugreifen. Alles ist nur einen Mausklick entfernt. Das ist verlockend und überwältigend zugleich.

Um dein Kind auf der Reise des Erwachsenwerdens zu unterstützen, kannst du frühzeitig beginnen ihm/ihr Wege zu zeigen, wie man die eigenen Gefühle erkennt und mit ihnen umgeht.

Was ist Achtsamkeit? - ein Definitionsversuch

Doch lass uns den Begriff Achtsamkeit näher anschauen. Jon Kabat-Zinn definiert die Achtsamkeit als Gewahrsein, indem wir andauernd und in bestimmter Weise aufmerksam sind. Dies tun wir mit Absicht, im gegenwärtigen Moment und wertfrei.

Doris Kirch vom Deutschen Fachzentrum für Achtsamkeit schreibt „Achtsamkeit zu praktizieren, beruhigt deinen Geist und führt zu einer klaren Wahrnehmung deiner Gedanken, Emotionen und Körpergefühle.“ Sie schreibt weiter: „Ein besonderes Merkmal von Achtsamkeit ist ihre Wertfreiheit. Das daraus entstehende unverzerrte Bewusstsein ermöglicht dir auch in schwierigen Situationen ein angemessenes Handeln im Einklang mit deinen Bedürfnissen, Zielen und Werten.“

Kurz: Wir sind im Hier und Jetzt, und zwar mit voller Absicht. Den aktuellen Moment bewerten wir nicht, wir erkennen ihn einfach an. So, wie er ist. Mit diesem neutralen Abstand können wir aktiv auf die Situation einwirken.

Stell dir vor, das Leben wäre ein Film oder ein Computerspiel: Wir drückten einfach auf die Pause-Taste und schauten uns die Szene aus allen Blickwinkeln an. Wir prüfen, was wir so denken und fühlen und dann drückten wir wieder auf Play.

Und das wollen wir langfristig erreichen. In turbulenten, herausfordernden Situationen soll dein Sonnenschein innehalten können, sich seiner/ihrer eigenen Gefühle bewusst werden und entsprechend handeln. Dies hilft nicht nur deinem Kind, sondern auch dir.

Warum Achtsamkeit für Kinder wichtig ist und welche Vorteile es für dein Kind und dich bringt

Kinder, die einen achtsamen Umgang zu Hause erfahren, fühlen sich glücklicher, bei ihren Eltern geborgen und sind mit sich und ihrem Leben zufrieden. Dies ergab eine Studie der Universität Bielefeld (im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung) 2017.

Diese Zuversicht und Sicherheit hilft Kindern langfristig besser mit den eigenen Gefühlen umzugehen und diese besser zu äußern. Dies wirkt sich nicht nur auf den Familienalltag, sondern auch den Umgang mit anderen, in der Schule oder später in der Pubertät aus.

Achtsam zu leben, stärkt also nicht nur eure Beziehung zueinander, sondern auch die Beziehung deines Kindes zu sich selbst und zu anderen Mitmenschen. Die eigenen Gefühle und Gedanken zu erkennen und die daraus resultierenden Bedürfnisse äußern zu können, ist einfach unbezahlbar.

Wie ihr die Achtsamkeit in den Familienalltag integrieren könnt

„Wie soll ich das denn noch unterbringen?“: fragst du dich vielleicht kopfschüttelnd. Ich sage dir, Achtsamkeit könnt ihr eigentlich immer üben. Mit ein paar kleinen Tricks und Ideen kannst du problemlos den Grundstein legen. Und abhängig vom Alter deines Kindes das Verständnis nach und nach aufbauen.

Unser Alltag besteht aus vielen kleinen Momenten, die wir häufig nicht beachten: den gelben Löwenzahn am Straßenrand, das Rotkehlchen in der Hecke, den großen, schwarzen Hund auf dem Beifahrersitz des Lkws. Der freundliche Busfahrer, der euch beim Einsteigen hilft. Die nette Verkäuferin, die deinem Liebling ein Stück Käse an der Theke überreicht, eben ganz alltägliche Kleinigkeiten.

Nimm den kleinen Moment wahr

Probiere einmal gemeinsam mit deinem Kind, die kleinen Momente zu erkennen und wahrzunehmen. Freut euch gemeinsam und haltet diese schönen Momente fest.

Male gemeinsam mit deinem Kind Bilder von den tollen Erlebnissen oder schreibt es kurz nieder. So trainiert ihr, das Erlebte zu verarbeiten und zu beschreiben. Und wenn ihr dabei seid, tauscht euch über den Tag aus. Was war besonders schön, was war nicht so gut. Du vertiefst zum einen eure Beziehung und bringst deinem Kind bei, sich auf die schönen Dinge zu konzentrieren. Denn mal ganz ehrlich: an den doofen Taxifahrer erinnern wir uns noch tagelang, an den Plausch mit der Kassiererin im Supermarkt eher weniger.

Achtsamkeit in der täglichen Abendroutine

Auch die tägliche Abendroutine eignet sich hervorragend, um mit deinem Kind zu üben. Beim Waschen und Zähneputzen frage dein Kind zum Beispiel Folgendes:

  • Wie fühlt sich der Waschlappen oder die Creme auf der Haut an?
  • Wie fühlt sich die Zahnbürste im Mund an?
  • Wie riecht und schmeckt die Zahnpasta?
  • Was hörst du beim Putzen?

All das sind Möglichkeiten euren Familienalltag achtsam zu gestalten und dein Kind spielerisch an das Thema zu führen. Deiner Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Drei einfache Achtsamkeitsübungen für Kinder

Neben den kleinen Alltagsübungen gibt es natürlich auch Übungen, für die ihr gezielt Zeit im Tagesablauf einplanen könnt.

Übung 1: Meditation - die kleine Auszeit auf dem Boden

Die Meditation ist wohl die bekannteste Achtsamkeitsübung. Am Morgen oder Abend durchgeführt, hilft sie dir und deinem Kind, die innere Balance zu finden. Es reichen schon drei bis fünf Minuten täglich. Und keine Sorge, es muss nicht kompliziert sein.

Das braucht ihr:

  • Ein Kissen oder eine Decke für den Boden
  • Leise Musik im Hintergrund (auf YouTube gibt es viele tolle Stücke)
  • Timer auf dem Handy, der euch leise wieder zurückholt.
  • Optional: ein Glas Wasser für den Abschluss

Und so geht's:

  1. 1
    Stelle den Wecker auf fünf Minuten und starte die Musik. 
Setze dich entspannt mit deinem Kind auf den Boden oder legt euch hin. Schließt die Augen, wenn ihr mögt und richtet den Fokus auf euren Körper.
  2. 2
    Jetzt heißt es zur Ruhe kommen. Hört einmal in euch hinein. Was spürt ihr? Kribbelt es irgendwo, habt ihr kalte Füße oder zwickt es in der Schulter. Einfach nur spüren.
  3. 3
     Atmet dabei ein paar Mal hintereinander tief ein und aus. Durch die Nase ein und den Mund wieder aus. Ein und aus.
Merkt ihr, wie der Bauch sich hebt und senkt? Was macht das Kribbeln und Zwicken? Was passiert mit dem restlichen Körper?
  4. 4
    Kommen Gedanken, nicht schlimm, lass sie wieder ziehen. Lenke den Fokus wieder auf die Atmung und den Bauch. Einatmen, der Bauch wird groß. Ausatmen, der Bauch wird klein. Durch die Nase ein, durch den Mund wieder aus.
  5. 5
    Wenn der Wecker klingelt, kommt langsam wieder zurück. Räkelt und streckt euch, macht euch ganz lang und groß. Setzt euch auf, wenn ihr gelegen habt und genießt die Entspannung. Ein Schluck Wasser passt perfekt, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Im Anschluss frage dein Kind, wie es sich gerade fühlt, erzählt euch gegenseitig, was ihr erlebt habt.

Wichtig: Erwarte nicht, dass auf Anhieb alles perfekt klappt. Das wird es nicht, das kann ich dir jetzt schon sagen. Doch keine Sorge, das Zauberwort heißt Wiederholung! Meditation erfordert Übung und regelmäßiges Wiederholen. Doch wenn ihr dranbleibt, werdet ihr die erholende und kraftspendende Wirkung spüren.

Übung 2: Das Achtsamkeitstagebuch - mein schönster Moment heute 

"Liebes Tagebuch, heute hat er mich angelächelt." So oder so ähnlich habe ich damals, als junges Mädchen, jeden Abend meinen vergangenen Tag festgehalten. Du vielleicht auch? Warum haben wir damit aufgehört, es ist die perfekte Achtsamkeitsübung.

In einem hübschen, vielleicht sogar selbst bemalten, Tagebuch könnt ihr alle schönen Momente des Tages festhalten. Je nach Alter deines Kindes schreibt/malt ihr zusammen hinein oder es beschäftigt sich allein mit dem Buch.

Folgende Fragen könnt ihr euch stellen:

  • Was war mein schönster Moment heute?
  • Was habe ich heute besonders gut gemacht?
  • Mit wem habe ich heute am liebsten Zeit verbracht?

Folgende Fragen könnt ihr euch stellen:

  • Was war mein schönster Moment heute?
  • Was habe ich heute besonders gut gemacht?
  • Mit wem habe ich heute am liebsten Zeit verbracht?

Je öfter ihr die Gedanken aufschreibt, desto mehr trainiert ihr das Bewusstsein und den Blick auf die kleinen, schönen Augenblicke des Tages. Außerdem ist das Führen eines Achtsamkeitstagebuchs ein tolles Einschlafritual, das dabei hilft, positive Gedanken zu bilden. Wer mit schönen Gedanken einschläft, träumt besser. Wer besser träumt, wacht morgens glücklicher auf.

Mein Zauberbuch der schönen Momente 2022

Das Achtsamkeitstagebuch ist der perfekte Abschluss für euren Tag. Es hilft deinem kleinen Sonnenschein, seinen/ihren Lieblingsmoment auszuwählen und dann in seinem/ihrem Tagebuch festzuhalten. Das Zauberbuch konzentriert sich auf einen achtsamen Rückblick, und hilft deinem Kind, ein starkes Selbstwertgefühl aufzubauen. Nutzt dieses Tagebuch, um Erinnerungen niederzuschreiben, die ein Leben lang halten!

Übung 3: Achtsames Essen - ich schmecke was, was du nicht schmeckst

Wenn es mit der Meditation nicht klappt oder dein Sonnenschein noch kein Tagebuch führen mag, kannst du diese Achtsamkeitsübung ausprobieren.
Euer gemeinsames Mittag- oder Abendessen zum Beispiel ist großartig, um das achtsame Essen zu trainieren. Denn oft schlingen wir das Essen viel zu schnell und ohne Genuss hinunter. Erinnerst du dich an die Worte von Mama? "Schlinge nicht so, iss langsam und mindestens 37-mal kauen, bevor du runterschluckst." Ach, sie hatte so recht.

Das braucht ihr:

  • Etwas mehr Zeit beim Essen - vielleicht am Wochenende
  • Gemüse, Obst, etwas Süßes - was ihr mögt
  • Optional: einen Schal zum Augen verbinden.

Das braucht ihr:

  1. 1
    Ich nehme als Beispiel jetzt Brokkoli und Blumenkohl. Roh und gekocht. Gib deinem Kind das Gemüse in die Hand. Und stelle ihm/ihr folgende Fragen: Wie fühlt sich der Brokkoli roh an, wie gekocht? Und der Blumenkohl? Was ist gleich, was ist anders? Riechen die beiden Sorten unterschiedlich?
  2. 2
    Lass dein Kind ein Stück abbeißen und erst mal nur lutschen. Fühlt sich Brokkoli auf der Zunge anders an, als Blumenkohl? 
Schmeckt das Gemüse mit geschlossenen Augen eigentlich gleich? Findet es heraus!
Nach dem fürchterlichen Gemüse kannst du nun auch ein Gummibärchen oder einen Schokoladen-Bonbon anbieten.
Wenn du den Schal zum Augen verbinden nutzt, kannst du unterschiedliche Dinge anbieten. Dein Schatz muss dann riechen und fühlen und erraten, um welches Gemüse/Obst, um welche Süßigkeit es sich handelt. Doppelten Spaß macht es, wenn du dir auch die Augen verbinden lässt und miträtst.
Es gibt noch viele, viele weitere Übungen, die den achtsamen Umgang trainieren und fördern.

Fazit - Achtsamkeit für Kinder

Achtsam Leben heißt, im Hier und Jetzt zu sein. Situationen wertfrei zu erleben und sich mit einem Pause-Knopf die eigenen Gefühle anzuschauen und dann zu handeln. Dein Kind erlernt eine unheimlich mächtige Methode, die eigenen Gefühle und die ihrer Mitmenschen besser zu verstehen. Sie werden gelassener, entspannter groß, können später eher mit Stress umgehen. Achtsamkeit fördert ein harmonisches Miteinander und wirkt sich positiv auf das Familienleben aus. Sie kann schon früh, durch kleine Übungen, in den Alltag integriert werden.

Quellen

Kabat-Zinn, Maya und Jon; Kauschke, Mike (2015): Mit Kindern wachsen: Die Praxis der Achtsamkeit in der Familie, Freiburg im Breisgau (bei Amazon kaufen*)

Kabat-Zinn, Jon; Kauschke, Mike (2013): Achtsamkeit für Anfänger, Freiburg im Breisgau (bei Amazon kaufen*)

Karr-Meng, Alexandra (2018): Kinder achtsam erziehen: Wie sie Wut, Streit und Geschrei aus dem Familienalltag verbannen, Hannover. (bei Amazon kaufen*)

Anleitungen für Achtsamkeitsübungen | DFME - Deutsches Fachzentrum für Achtsamkeit.
[https://dfme-achtsamkeit.de/achtsamkeitsuebungen/] (Abruf: 2020-12-09).

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Hallo, ich bin Anne.

Ich bin Gründerin, Podcasterin und eine absolute Märchentante und lebe zusammen mit meinem Mann im wunderschönen Hamburg.

Meine Mission ist es, Kindern zu zeigen, wie sie das Glück in den kleinen Dingen finden. Wie sie ihren Tag bewusst abschließen können, somit entspannter einschlafen und gestärkt in den neuen Tag starten.

Mein Motto: Entspannt in den Schlaf, stark ins Leben!

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